VON MARKUS FÜLLER

Rumäniens Energiewirtschaft lernt von der Lausitz

Projekt organisiert Know-how-Transfer / Anschlussaufträge erhofft

Die Lausitzer Energiewirtschaft hat nach 1990 einen gewaltigen Umstrukturierungsprozess erlebt. Massenentlassungen, Firmenverkäufe und Ausgründungen stehen ebenso für diese Zeit wie die milliardenschwere Erneuerung von Kohlegruben und Kraftwerksparks. Dem Braunkohleland Rumänien steht dieser Umbruch noch bevor. Ein deutsch-rumänisches Energieprojekt versucht, die Erfahrungen aus der Lausitz für den osteuropäischen Partner nutzbar zu machen.

Der erste von fünf Workshops liegt hinter den Beteiligten. „Der Austausch funktioniert“, freut sich Stefan von Senger. Er betreut für die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) das Energieprojekt Rumänien (Enpro). „Zum Auftakt ging es um die Bergbauplanung“, sagt er der RUNDSCHAU. Auf beiden Seiten bestehe großes Interesse an der Zusammenarbeit.

Neue Planungskriterien

Bei der Planung von Tagebauen stehen die Rumänen vor einer echten Zeitenwende. Die Beteiligung der Bevölkerung, die Berücksichtigung von Naturschutz sowie soziale Standards bei Umsiedlungen spielten dort bislang nur eine untergeordnete Rolle, betont von Senger. Als Anwärter auf die EU-Mitgliedschaft könne sich das Land jedoch diese Sorglosigkeit nicht mehr leisten. Die neuen Regeln müssten allerdings erst erlernt werden. Praktische Tipps von hiesigen Experten würden daher dankend angenommen.
Die Lausitzer Unternehmen geben ihre Erfahrungen bereitwillig weiter. „Sie begreifen das Projekt als Chance“, weiß der ZAB-Vertreter. Bei dem Bildungsaustausch gehe es ja nicht in erster Linie um Wohltätigkeit. Die Brandenburger Wirtschaftsförderung verfolge mit ihrem Engagement ein klares Ziel: „Wir wollen Marktzugang organisieren.“
Auf künftige Geschäftserfolge setzen auch die beteiligten Firmen. „Natürlich hoffen wir auf Folgeaufträge“, sagt Gerhard Nies, Geschäftsführer des Herstellers von Tagebaugroßgeräten MAN Takraf in Lauchhammer. Auch Werner Fahle, Chef des Senftenberger Bergbaudienstleisters GMB, gibt unumwunden zu: „Unser klarer Hintergrund ist es, in der Folge Planungsleistungen zu verkaufen.“
Der deutschen Industrie stehe es gut zu Gesicht, den Übergang der osteuropäischen Nachbarländer zu unterstützen, sagt Nies. Derzeit sei die rumänische Energiewirtschaft bestenfalls „pseudoprivatisiert“. Und angesichts der finanziellen Engpässe seien „keine Rieseninvestitionen zu erwarten“.
Der MAN-Chef ist in Rumänien ein alter Hase. Seit zehn Jahren modernisieren die Lauchhammeraner die rumänische Bergbauausrüstung. Seine Kontakte zur Industrie und Wissenschaft Rumäniens bildeten die Grundlage für das Enpro-Projekt. Auch wenn er selbst seinen Platz in dem Auslandsmarkt längst gefestigt hat, will er die Projektarbeit nicht missen. „Echte Breitenwirkung“, ist er überzeugt, „erhalten wir nur durch solche Veranstaltungen.“
GMB-Geschäftsführer Fahle verweist ebenfalls auf die noch weitestgehend staatlichen Strukturen Rumäniens. Der Chef der bereits 1995 ausgegliederten Vattenfall-Tochter sieht seinen Part im Workshop Privatisierung und Outsourcing. Entscheidend sei, wie solche Prozesse gesteuert werden, sagt er, wohl wissend, dass „unsere Erfahrungen auf die dortigen Bedingungen angepasst werden müssen“.

MillionenTopf der Weltbank

Weitere je einwöchige Workshops befassen sich mit den Themen Kraftwerkstechnik, Sanierung und Rekultivierung sowie der sozialen Umstrukturierung, berichtet von Senger. Besonders bei letzterem Thema stünden die Chancen auf einen kommerziellen Know-how-Transfer gut. Die Weltbank stelle in Rumänien für den Bereich der sozialen Erneuerung ein Budget von umgerechnet knapp 100 Millionen Euro zur Verfügung. Warum, fragt der ZAB-Mann, sollte aus diesem Topf nicht auch die Lausitzer Qualifizierungsgesellschaft Wequa den einen oder anderen Auftrag erhalten?


HINTERGRUND:

Fachliche Fortbildung

Das Energieprojekt Rumänien sorgt im Rahmen einer public private partnership, also unter Beteiligung von öffentlichen und privaten Partnern, für die Fortbildung von Fach- und Führungskräften der rumänischen Braunkohlewirtschaft, der Wissenschaft und der Verwaltung. Das Budget beträgt 560.000 Euro, hälftig finanziert von der bundeseigenen Projektagentur Inwent und den Projektpartnern.
Die deutschen Partner sind MAN Takraf, die LMBV, die WEQUA, die Stadt Lauchhammer, die TU Freiberg und die ZAB. Zudem arbeitet rund ein Dutzend Firmen aus der Lausitzer Energiewirtschaft mit.
Das Projekt läuft seit Oktober 2004 und bis Dezember 2006.

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